Kampf zwischen Gut und Böse

Prof. Beck
Ich hatte mich hingesetzt und ihr aufmerksam zugehört. Am Ende ihres Beitrages nickte ich und sah ihr direkt in die Augen. "Sie brauchen keine Angst zu haben. Aus Ihrer Sicht wohl begründet und jede Sorge ist auch berechtigt, aber Fälle wie diesen hatte ich schon oft in meiner bisherigen Karriere als Psychiater behandelt. Es ist immer dasselbe Schema. Angehörige sind dabei meistens mehr davon belastet als der eigentliche Betroffene. Vor allem hier, wo Sie doch die Freundin sind. Aber gut, dass Sie gekommen sind." Ich rückte einen Ordner zu meiner rechten Seiten zurecht und wandte mich wieder an die Dame. "Sie müssen also viel die Heimat wechseln und wahrscheinlich deswegen auch im Stress. Es gibt Menschen, die das auf Dauer nicht vertragen. Aber manchmal sind es auch andere Probleme, die so nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. Sie werden wohl noch miteinander reden, oder? Gibt es vielleicht gerade familiäre Probleme oder Streit in der Beziehung?"

Katherine
"Naja beides... Seine Mutter ist gestorben und wegen mir konnte er nicht zur Beerdigung gehen, außerdem hatten wir vor kurzem wirklich Streit, wissen Sie, eine andere Frau, ist auch mit bei uns dabei. Ich werde eben schnell eifersüchtig, er hat mit ihr geschlafen und fühlt sich deswegen jetzt noch schlechter." Mir kam ein neuer Einfall. "Bin ich vielleicht der Auslöser von Jordans Verhalten?"

Prof. Beck
"Streit ist etwas ganz normales, denn wenn nur schon zwei unterschiedliche Ansichtsweisen aufeinandertreffen, ist der nicht mehr zu vermeiden bzw. nur sehr schwer. Doch Streit kann auch ausarten, wie wohl hier, und auch unter umständen zur Trennung führen. Fremdgehen ist eine Schande für den Betroffenen, der darunter zu leiden hat, doch was war der Grund dafür, es erst getan zu haben? Ich möchte aber nicht mehr Sorgen bereiten, als Sie schon haben, aber im Hinterkopf sollten sie sich die Worte bewahren." Ich räusperte mich und fuhr fort: "Abschied zu nehmen ... fällt vielen Menschen nicht leicht. Vor allem dann, wenn eine wichtige Person im Leben gehen musste. Der Tod eines Nahestehendem geht besonders zu Herzen. Haben Sie sich denn schon einmal die Zeit genommen über diesen Kummer zu reden? Mir scheint es nämlich, als hätte ihr Freund diesen noch unverdaut im Magen. Wie nahe stand er zu seiner Mutter? Wissen Sie das zufälliger Weise?"

Katherine
"Nein darüber habe ich noch nicht mit ihm geredet. Er stand seiner Mutter glaube ich ziemlich nahe, auch wenn er etwas anderes zu mir gesagt hatte. Ich glaube sie war die einzige Person aus seiner Familie, die er noch wirklich mochte. Aber wir würden uns nie wegen eines Streits trennen, das würde ihn nur vollkommen zerstören." Dieser Psychater machte mir aber wirklich mehr Sorgen. Warum hatte er mit Charly geschlafen. "Ich merke schon, wir müssen echt mal miteinander reden. Aber wie bekomme ich ihn zum Reden, wenn er ständig abblockt.

Prof. Beck
"Worte können ganze Welten öffnen und verbinden. Such Sie einen Zeitpunkt, in dem er vielleicht ziemlich entspannt wirkt oder zumindest nicht wegen etwas äußerlich völlig aufgewühlt ist. Sie sagten, es sei noch eine andere Frau im Haus ... Schicken Sie sie vorerst weg. Nur damit Sie unter sich sind und in Ruhe reden können. Das Gespräch sollte nur nicht aufgezwungen sein, denn dann gehen wohl die Rollladen runter und er könnte dicht machen. So würde man nichts erreichen. Ich kann aber Ihre Frage, ob nun Sie das Problem sind noch nicht beantworten. Ich mag es zumindest noch nicht aussprechen. Wenn Sie aber wiederkommen würden, mit neuen Erkenntnissen, dann wahrscheinlich."

Katherine
Ich lächelte und stand auf. "Okay, danke für die Hilfe, ich werde auf jeden Fall wiederkommen, wer weiß, vielleicht sogar mit Jordan. Danke." Ich verließ das Krankenhaus und lief so schnell wie möglich nach Hause, denn irgendwie ertrug ich den Gedanken nicht, dass Charly und er allein waren.

Prof. Beck
Ich konnte gar nicht mehr sagen als nur ein "Auf Wiedersehen", denn schon hatte sie meine Behandlung eilig verlassen. Und das ganz ohne neuem Termin. Ich würde wohl Zeit opfern müssen, sollte sie dann in naher Zukunft wiederkommen. Die Verhältnisse waren in diesem Fall zwar etwas komplizierter, aber von Unmöglichkeit war keine Rede. Es gab immer eine Lösung, außer in der Mathematik.

Katherine
Ich kam wieder an der Wohnung an und klingelte, denn ich hatte ja keinen Schlüssel. Ich hätte einen mitnehmen sollen. Jetzt müsste ich dann nur noch Charly sagen, dass sie verschwinden sollte. Ich grinste. Nichts leichter als das.

Charly
Ich hatte mir zur Ausnahme mal ein Buch gegriffen - okay, es war kein Buch, es war eine Lebensmittelverpackung, sogar mehrere, deren Rückseiten mit Inhaltsstoffen ich durchlas. Da war so viel drinnen, wo ich nicht einmal sagen konnte, was es war. Gesund klang nichts davon, außer die Vitamine vielleicht. Als es an der Tür klingelte konnte ich schon ahnen, wer es war. Diese bestätigte sich sogar, als Katherine davor stand. "Wo warst du", fragte ich sie zuerst.

Katherine
Ich schob mich an ihr vorbei und betrat die Wohnung. "Das meine Liebe geht dich gar nichts an." Ich zog meine Schuhe aus und streckte mich kurz. "Schläft Jordan noch?"

Charly
Ich schüttelte mit dem Kopf und schloss die Tür. "Nein, er ist schon wach. Du warst vielleicht gerade mal zehn Minuten weg, da hatte er sich kurz gezeigt, ist aber dann auch gleich wieder verschwunden. Wenn du mich fragst, schleicht der am frühen Morgen wie ein Gespenst rum."

Katherine
Gespenst... Ich erschauderte bei dem Gedanken. Es erinnerte mich zu sehr an den Tod. Ich verdrehte die Augen. "Okay und wo ist er jetzt?" Fragte ich und hing meine Jacke hin.

Charly
"Zurück im Bett." Ich deutete mit dem Finger auf seine Zimmertür, die wieder bzw. für Katherine immer noch geschlossen war. "Aber wach und ansprechbar. Zumindest hat er heute schon gesprochen."

Katherine
"Okay danke. Jetzt möchte ich, dass du gehst nur für eine Stunde, ich muss mit Jordan reden, allein. Würdest du das bitte tun? Du hast selbst gesagt, dass dir alles echt Leid tut also... Könntest du mir diesen einen Gefallen tun? Bitte." Flehend sah ich sie an. Charly musste weg.

Charly
Ich hatte selbst den Entschluss gefasst mich zu verbessern, zumindest im Bezug auf unser Verhältnis. Restliches hatte ich nicht vor zu ändern. Ich musste mich also geschlagen geben. "Kann ich vollkommen verstehen. Dann mache ich mich mal weg, hm?" Ich schnappte mir nur meine Schuhe, zog sie an und verschwand dann auch. "Bis später", hatte ich noch als Abschied gesagt.

Katherine
"Danke, bis dann." Rief ich ihr noch hinterher und klopfte dann an der Tür zu Jordans Zimmer. "Jordan, können wir reden?" Ich wusste nicht wie ich anders fragen sollte, der Psychiater hatte gesagt, wir sollten reden wenn er entspannt war, das war er eigentlich sowieso nie und einen Versuch war es wert.

Jordan
Ich hob den Kopf und sah über die Schulter zur Tür. "Klar, komm rein." Die Zeit über hatte ich auf dem Bett gesessen und aus dem Fenster gesehen. Da gab es nur nicht viel zu sehen, denn bis jetzt waren die Straßen hier in der Umgebung noch nicht sehr belebt gewesen.

Katherine
Ich nickte und war erleichtert, dass ich jetzt mit ihm reden konnte. Ich betrat das Zimmer, schloss die Tür hinter mir und setzte mich aufs Bett, ich blieb aber vorerst auf Abstand. "Charly ist kurz draußen, weil ich ihr gesagt habe, dass wir mal reden müssen, allein."

Jordan
"Hmh." Ich rührte mich nicht und hatte meinen Blick nun dem Boden zugewandt. "Und über was möchtest du reden?" Denken konnte ich es mir eigentlich schon, aber lieber nochmal nachgefragt als sich auf etwas unvorbereitet einzulassen.

Katherine
Ich atmete noch einmal tief durch. "Okay ich habe keine Ahnung wie ich am Besten anfangen soll. Ich weiß, dass dir der Tod deiner Mutter sehr nahe gegangen ist und ich habe einen Fehler gemacht, indem ich mit dir nicht darüber geredet hatte. Du musst allein mit allem fertig werden aber... wenn du willst, dann kannst du mit mir darüber reden, du kannst einfach darauf los reden, alles was dich belastet kannst du mir mitteilen. Ich bin immer für dich da Jordan. Jemand anderen um Hilfe zu bitten oder sich ihm anzuvertrauen zeigt keine Schwäche, das zeigt wahre Stärke, weil du den Mut hast, deinen Problemen ins Gesicht zu sehen. Also...bitte rede mit mir Jordan."

Jordan
Ich schwieg und ließ ihre Worte erst einwirken. Irgendwo und irgendwie hatte Katherine ja Recht, aber bis jetzt war es noch nie dazu gekommen, mit ihr so alleine zu reden. Dauernd war etwas dazwischen gekommen. "Wieso fängst du jetzt damit an? Die ganze Zeit über hat es dich doch einen Dreck interessiert und warst mehr damit beschäftigt deinen eigenen Hintern zu retten. Wieso sollte ich mir ausgerechnet jetzt die Mühen machen, dir von meinen eigenen Problemen zu erzählen?"

Katherine
*Autsch* "Jordan, ich weiß, dass ich ziemlich egoistisch war, das würde ich jetzt aber gerne ändern. Ich will mich nicht ständig streiten. Fakt ist, dass wir miteinander reden müssen. Wir müssen uns aussprechen. Und diesmal bin ich nur für dich da. Ich bleibe jetzt hier sitzen und höre dir zu. Wenn du willst äußere ich mich auch nicht dazu, ich möchte nur, dass du dir die Probleme von der Seele redest, ich werde zuhören."

Jordan
"Keine Kommentare? Wie stellst du dir das denn bitte vor?! Das sind doch nur genauso bedeutungslose Worte wie jedes Mal dieses blöde Versprechen, dass du damit aufhören würdest, einfach so die Biege zu machen. Du wirfst mir vor, Versprechen gebrochen zu haben, wobei du doch die Wiederholungstäterin bist. Dir auch nur ein Wort von dem was du sagst zu glauben, ist doch zwecklos. Du hältst dich nicht daran! Und hast du es dann doch mal ernsthaft vor, so scheint es zumindest, kommt aber dann wieder etwas anderes in die Quere und macht einen Strich durch die Rechnung. Ich konnte mir weder die Zeit nehmen richtig zu genesen - ich bin eigentlich ein Wrack - noch hatte ich die Möglichkeit gehabt meiner Mutter und meiner Schwester beizustehen und zu allem Überfluss konnte ich nicht an der Beerdigung teilhaben, weshalb mir meine Schwester jetzt vorwirft, dass ich egoistisch bin und mich nicht mehr blicken lassen soll. Und das alles ist in einem Zeitraum von paar Wochen passiert!"

Katherine
"Okay...okay." Jordans Worte taten weh, vor allem weil er Recht hatte. "Du wirst genug Zeit haben, dich zu genesen, dafür sorge ich schon und... Wie wäre es, wenn wir zum Friedhof fahren, auf der deine Mutter beerdigt worden ist und du nimmst richtig Abschied von ihr, danach fahren wir zu deiner Schwester und ich erkläre ihr die Situation." Eine Frage lag mir immer noch auf der Zunge, ich war kurz davor zu fragen, ließ es dann aber lieber sein. "Was hältst du davon? Du kannst allein fahren oder mit mir und mit Charly oder nur mit mir oder eben nur mit Charly, es ist deine Entscheidung."

Jordan
"Da liegt doch der Haken an der Sache. Du versuchst wieder etwas gut zu machen und es fehlt wirklich nur ein kleines Bisschen, damit es auch funktioniert, aber schlussendlich ist wieder irgendwas und alles geht den Bach runter. Ich habe es längst aufgegeben mit dir etwas zu unternehmen, solange ich weiß, dass nichts festen Fuß hat. Du willst wissen, wo mein Problem liegt?" Ich stand auf und sah Katherine nun zum ersten Mal an diesem Tag an. "Um ganz ehrlich zu sein, bist du es. Und mir ist auch bewusst, dass ich dir jetzt sämtliche Gefühle gebrochen habe, aber du wolltest eine ehrliche Antwort hören. Die Wahrheit kann weh tun, sehr sogar. Genauso aber auch die Einsicht, den falschen Menschen im Umfeld zu haben. Ich sage das nur ungern, aber bitte lass mich erstmal damit alleine, damit ich mich neu sortieren kann. Es ist keine Trennung, nur das Leid, was du hören wolltest." Damit ließ ich sie alleine und ging geradewegs Richtung Flur.